Freitag, 28. Oktober 2011

In Tenebra VIII)

 
VIII) Schwärze

Eine Kuh flog durch den Wald, begleitet von einem kleinen lila Eichhörnchen, das tollwütige auf ihrem Rücken herumturnte. Ein Huhn kam hinzu und trank ein Tässchen Gras mit einer wollenen Ente. Ein Büffel sauste vorbei, der gerade von einer Maus in vollem Galopp umgerannt wurde.
„Mir ist schlecht. Alles dreht sich .. und warum zur Hölle ist das Schwein da türkis?! Und wo sind die anderen und … ich bin müde .. ach lasst mich doch in Ruhe ihr ganzen Farben .. ihr nervt mich ! Hört auf euch zu drehen !“
Und tatsächlich, das bunte Wirrwarr hielt endlich in all seiner Bewegung inne.
„ Huch, das klappt ja sogar. So und jetzt will ich eine Wiese anstelle dieser komischen Flecken !“
Kaum hatte sie den Gedanken zu ende gedacht, verformten sich die bunten Muster, die um sie herumschwirrten und bildeten eine schöne Frühlingswiese mit Blumen und sogar ein paar Vögeln, die fröhlich aber lautlos zwitscherten.
„Hey, das wird ja richtig hübsch ! Wenn jetzt noch der Himmel blau werden könnte?“
Der Himmel blieb wie er war. Ein Chaos von knall bunten Sternen und Schlieren, die unentwegt in Bewegung waren.
„Okay... scheinbar hat auch hier alles gewisse Regelmäßigkeiten.“
Nali lief einige Meter, bis sie auf Skarel traf, der sich gerade in einiger Entfernung aus dem tiefen Gras empor gekämpft hatte. Dort wo er auftrat verwirbelte sich das Gras und kehrte für einige Sekundenbruchteile wieder in seine Ausgangssituation zurück.
„Nali, endlich habe ich dich gefunden !“
„Skarel, du.. hier? Wo um alles in der Welt sind wir hier?“
„Das, Nali ist dein Inneres“
„Oweh in mir siehts aber ganz schön durcheinander aus und was machst du denn dann eigentlich in mir?“
„Ich hab dich gesucht. Unsere Körper wurden irgendwie außer Gefecht gesetzt. Auf Menschen dürfte das Gift wie Schlafmittel wirken, während es für uns wesentlich schlimmere Folgen hat.“
„Für Menschen.. aber was sind wir denn dann?“
„Das wirst du zu einem späteren Zeitpunkt herausfinden müssen, dafür ist jetzt nicht die Zeit. Jedenfalls müssen wir Efry suchen, der muss irgendwo hier auch herumlungern, schließlich redet er ja mit dir im Geiste. Also muss in dir auch irgendwo ein Teil seiner Seele stecken.“
„Ach Skarel, lass mich einfach schlafen!“
„Nein Nali, dafür ist jetzt keine Zeit. Wir müssen uns beeilen, sonst wachen wir vielleicht nie wieder auf. Komm, da geht es lang.“

Die beiden liefen an den Rand der Wiese und vor ihnen erhob sich eine majestätische Landschaft aus farbigen Flecken. Die weitläufige Graslandschaft auf der sie gelandet waren schwebte in der Luft in einem Tal aus bläulichem Gestein. Oder waren das überhaupt Steine? Bei jedem ihrer Schritte wirbelten Nali und Skarel einen Teil des Bodens auf, der sich in bunte Lichter aufteilte.
„Skarel, was ist das hier alles? Aus was besteht die Welt die uns gerade umgibt?“
„Um darauf eine Antwort zu finden, musst du erst einmal herausfinden was wir sind Nali. Ich weiß es ja selbst nicht genau, da ich schon seid ich denken an bei den Wüstennomaden meine Heimat hatte. Ich bemerkte nur dass ich... anders aussah als der Rest des Stammes.“
„Soll das etwa heißen, dass wir von gleicher Abstammung sind , Skarel? Also hatte Efry doch Recht, als er meinte du erinnerst ihn an mich.“
„Ich gehe zumindest davon aus. Der einzigen Unterschiede sind, dass ich orange Augen und rote Haare habe und du rote Augen und schwarze Haare. Ansonsten sehen wir uns recht ähnlich, findest du nicht? Wir haben beide spitzere Zähne als alle anderen, können viel besser Sehen und viel schneller laufen.“
„Das weiß ich nicht, ich werde doch immer von Efry mitgenommen.“
„So und jetzt müssen wir sehen, wie wir von dieser schwebenden Insel herunterkommen. Nali, es ist dein Geist. Versuch doch einmal aus deinen Gedanken eine Brücke oder etwas ähnliches zu formen.“
Nali dachte an eine wunderschön verschnörkelte Brücke mit Pflanzen und Bögen und allem was eine Märchenbrücke so alles braucht.
Die Lichtfunken in ihrer Nähe stoben auf und beeilten sich, eine Brücke zu bilden. Gerade als Skarel seinen Fuß darauf setzen wollte löste sich in einem Funkenregen auf.
„So funktioniert das nicht. Vielleicht versuchst du es mal mit etwas Schlichterem?“
„Ist gut.“
Diesmal dachte Nali an eine einfache Brücke aus Holzplanken, wie sie sie während ihrer Reise oft passiert hatten. Wieder flogen Lichtfunken zusammen und bildeten eine Brücke, die zum Fuß der Senke reichte. Wieder versuchte Skarel sie zu begehen, dieses Mal jedoch mit wesentlich mehr Vorsicht. Die Brücke hielt. Auch Nali überredete sich dann auf die Brücke zu treten und ihr Werk zu begutachten.
„Das hat ja wunderbar geklappt meine Liebe. Scheinbar kannst du alles hier manipulieren, weil es genau genommen ein Teil von dir sein dürfte.“
„Das ist gar nicht mal so einfach wie es vielleicht aussieht! Kostet alles unglaublich viel Konzentration.“
Sie gingen die lange Brücke hinab und fanden sich in der Senke wieder. Die Seiten des Bassins waren ein einziger Wasserfall, der sich geräuschlos die hohen Klippen herabstürzte , nur dass es eben kein Wasser war, das seinen Weg an den Grund des Kraters fand sondern die altbekannten Lichtfunken. Am Oberen Ende musste eine unglaubliche Menge Funken vorhanden sein, da die ganzen seltsamen Flüsse in der Mitte der rundlichen Felslandschaft durch ein bodenloses Loch abflossen.
Als sie gerade wieder zumindest für den Moment festen Boden unter den Füßen hatten, sahen sie auch schon Efry, der irgendwie anders aussah. Efry war nun nicht mehr pechschwarz und mit leuchtenden Augen versehen, sondern hatte einen eigentümlich leuchtende, hellblaue Färbung und grell gelb funkelnde Augen bekommen. Alles in allem stand ihm das recht gut, auch wenn es sehr ungewohnt für Nali war, die Efry eben nur als ihren Schatten-Beschützer kannte.
Außerdem konnte Efry hier sprechen. Auch Skarel konnte endlich die samtige, weiche Stimme hören, mit der er sonst nur für Nali hörbar in ihrem Kopf sprach. Aber irgendwie klang alles was er sagte fremd; fremd und doch vertraut. Aber was noch viel unfassbarer war: Nali konnte die Sprache verstehen,Skarel ebenso, obwohl keiner der beiden sich daran erinnern konnte sie je zuvor gehört zu haben.
„Na, da seid ihr ja endlich. Beeilt euch ! Ich möchte, dass meine Nali möglichst schnell wieder aufwacht. Folgt mir zur Mitte des Bassins.. Dort fließt Nalis Lebensenergie ab. Sie hat zum Glück noch genug übrig, aber dennoch sollte das Leck verschlossen und keine Energie verschwendet werden.“
Nali war fassungslos. „Efry. Wie? Wo? Wann? Was? Warum? Und vor Allem: warum zur Hölle weiß jeder wo es in mir langgeht, außer mir selbst?!“
„Nali überleg doch mal. Ich kann in der Welt da draußen mir der reden, in deinem Inneren als diese Gestalt hier.. meine wahre Gestalt. Nur bist du normalerweise eher weniger in dir, als du es im Moment bist, da sich den gesamter Körper zurückgezogen hat. Was der Orangeäugige hier macht, weiß ich nun wiederum auch nicht. Kommt, steigt auf. Ich bringe euch schnell zum Leck.“
Nali und Skarel stiegen auf Efrys Rücken und er rannte los. Es geschahen nur wenige Augenblicke, oder waren es Stunden? Seltsam, wenn man ohne jegliches Zeitgefühl durch sein Inneres streift.... Jedenfalls blieb Efry irgendwann stehen und lies Nali und Skarel von seinem Rücken klettern.
„So, da wären wir. Jetzt musst du das Leck schließen Nali, genau so wie du das auch vorhin mit der Brücke gemacht hast. Ich helfe dir dabei. Stell dir am besten einen riesigen Stöpsel vor.“
„ich versuch es.“
Gesagt getan und schon steckte ein riesiger Stöpsel in dem großen, klaffenden Loch in Nalis Geist.
„Gut gemacht, mein Kleines. Da das jetzt aber noch relativ unschön aussieht... probiere doch mal den Pfropfen auszuhöhlen und ihm die Struktur eines Sees zu geben.“
Nali dachte an den schönen See mit dem Wasserfall an dem sie einige Tage zuvor noch in der Sonne gelegen hatten. Und in diesem Moment bildete sich ein detailgetreues Abbild eben jenes Sees vor ihr, mit allen Blumen Klippen und Beerensträuchern aus den Funken die eben noch den riesigen Pfropfen gebildet hatten. Fast augenblicklich füllte sich der neu entstandene See mit Funken und es sah wunderschön aus, wie das flüssige Licht in seiner bunten Farbenpracht herumwirbelte und hin und her schwappte.
„Das sollte genügen. Lass mich euch zurückbringe.. ich bin gerade dabei euch zu befreien.“
Mit diesen Worten hauchte Efry Nali und Skarel an die Stirn.
Die bunte Welt verschwamm vor Nalis Augen und sie wurde wieder von einem Schatten umfangen und schließlich hatte sie die schwarze Bodenlosigkeit eingeholt.

1 Kommentar:

  1. In Tenebra wird hier nicht weitergeführt.
    Weiter geht es (vielleicht) zusammen mit anderen Projekten hier:
    http://queezle-bp.tumblr.com/

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